Höland | Dr. iur. Viktor Hoeniger, Reichsgerichtsrat
Höland | Dr. iur. Viktor Hoeniger, Reichsgerichtsrat

Armin Höland

Dr. iur. Viktor Hoeniger, Reichsgerichtsrat

Aus einem deutschen Richterleben

Das Leben eines Richters in Deutschland, das 1870 beginnt und 1953 endet und in seiner Amts­zeit zwischen 1899 und 1935 durch stark unter­schied­liche politische Ord­nungen hindurch läuft, ist schon für sich eine ergiebige Quelle für Erkennt­nisse zu Person, Beruf und Gesell­schaft. Im Leben eines Richters verbinden sich hoheit­liche Findung und Durch­setzung von Recht mit zeit­genös­sischer Privat­heit. Als Hoheits­träger dient ein Richter dem Staat in seiner jewei­ligen politischen Aus­prägung, in den privaten Verhält­nissen unters­cheidet er oder sie sich nicht von anderen Lebens­entwürfen, nimmt am sozialen, wirtschaft­lichen und kultu­rellen Leben der Gesell­schaft teil. In seiner Lebens­zeit traver­sierte ein zwischen 1899 und 1935 in Deutschland tätiger Richter wechsel­volle Staats- und Rechts­ordnungen, vom Deutschen Kaiser­reich durch die Revolutions­zeit 1918/19 und die Weimarer Republik bis zur Schreckens­herrschaft des National­sozialismus. Unter beson­deren Bedin­gungen steht ein Lebens­lauf in dieser Zeit aber dann, wenn er, wie bei dem Reichs­gerichts­rat Dr. Viktor Hoeniger, einen jüdischen Ursprung hat. Die Zuge­hörig­keit zur jüdischen Religion oder auch nur die jüdische Herkunft unter­werfen das Leben in Deutschland, unge­achtet späterer evange­lischer Taufe, den Bedin­gungen einer religiösen und kultu­rellen Minderheit, die ab 1933 zu einer rassisch verfolgten Gruppe von Menschen wird. Wer, wie Viktor Hoeniger, als Richter dieser Gruppe ange­hörte, erlebte mit dem Beginn der „natio­nalen Erhebung“ die starke Spannung zwischen hoheit­lichem Amt und privater Verletz­lichkeit, zwischen der Ruhe und Denk­kultur des Richter­amtes und der hasser­füllten Erregung in der Öffent­lichkeit. Aus der Erregung erwuchs Gewalt, aus dieser erwuchsen Verfol­gung und schließlich millionen­fache Vernichtung von Leben. Viktor Hoeniger hat den National­sozia­lismus überlebt. Warum und auf welche Weise, ist Gegen­stand dieses Buches; aber auch, wie schnell die Grenze zwischen bürger­licher Sicherheit und bedrohtem Leben dünn werden kann, wenn Ethos und Insti­tuti­onen des Rechts­staats verloren gehen.


Leseprobe | PDF

1. Auflage 2020
broschiert, 396 Seiten
ISBN 978-3-86977-222-6

48,00 €

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