Lars Bechler

Informationseingriffe durch intransparenten Umgang mit personenbezogenen Daten

Im Volkszählungsurteil (BVerfGE 65, 1 ff.) hat das Bundes­verfassungs­gericht ein umfassendes informationelles Selbstbe­stimmung­srecht als „aus dem Gedanken der Selbstbe­stimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebens­sachverhalte offenbart werden“, entwickelt. Zugleich geht das Gericht davon aus, dass es unter den Bedingungen der automatischen Datenverar­beitung kein belangloses personen­bezogenes Datum mehr gibt. Dieser umfassenden Verbürgung individueller Selbstbestimmung steht die Einsicht gegenüber, dass praktisch jede staatliche Tätigkeit mit der beabsichtigten und aktiv initiierten Kenntnisnahme personenbezogener Daten verbunden ist. Der grundrechtliche Gesetzes­vorbehalt führt zu einem praktisch uferlosen Bedürfnis nach verfassungs­rechtlicher Rechtfertigung des staatlichen Datenumgangs, dem das geltende Recht nicht ansatzweise genügt. Regelmäßig scheitert der Gesetzgeber an der Vorgabe, Anlass, Zweck und Grenzen eines Informations­eingriffs bereichs­spezifisch, präzise und normenklar festzulegen.

Der Weg aus diesem Dilemma führt über den Eingriffsbegriff. Lars Bechler geht davon aus, dass für die verschiedenen Schutzzwecke des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung dessen Schutzbereich und Eingriffsbegriff jeweils eigenständig zu bestimmen sind. Dabei verwirft er die Verfügungs­befugnis über personen­bezogene Daten zugunsten eines Rechts des Einzelnen auf Überschau­barkeit des staatlichen Informations­standes die eigene Person betreffend, das nur durch einen intransparenten Umgang mit personen­bezogenen Daten beeinträchtigt wird. Der auf den Schutzzweck der Transparenz bezogene Eingriffsbegriff soll die individuelle Selbstbestimmung mit den legitimen Informations­interessen staatlicher und privater Akteure vereinbaren und zugleich einen Weg aus der viel beklagten „Verrecht­lichungsfalle“ des Datenschutzes weisen.


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Hallesche Schriften zum Recht | Band 27
1. Auflage 2010
broschierte Ausgabe, 225 Seiten
ISBN 978-3-86977-015-4

39,80 €

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