RP Reha 3/2016 | Schwerpunkt: PFLEGESTÄRKUNGSGESETZE – rechtliche und praktische Folgen
RP Reha 3/2016 | Schwerpunkt: PFLEGESTÄRKUNGSGESETZE – rechtliche und praktische Folgen

RP Reha 3/2016

Schwerpunkt

PFLEGESTÄRKUNGSGESETZE – rechtliche und praktische Folgen

E D I T O R I A L

Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff reagiert der Gesetzgeber auf die Folgen des demografischen Wandels unter Einbezug aktueller Erkenntnisse der Pflegewissenschaft. Der Patienten­beauftragte und Pflege­bevoll­mächtigte der Bundes­regierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, skizziert eindrücklich die Entwicklung seit Einführung der gesetzlichen Pflegever­sicherung 1995 als Meilenstein in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung. Systematisch und durch wissenschaftliche Studien untermauert wurde jetzt das Neue Begutachtungs­assessment (NBA) entwickelt. In seinem Beitrag erläutert Laumann, welche Erwartungen die Politik mit den Neuerungen der Pflege­stärkungs­gesetze verbindet.

Zugangsvoraussetzung zu den Leistungen der Pflegeversicherung ist die Anerkennung einer vorliegenden Pflegebedürftigkeit i. S. d. Sozialge­setzbuches (SGB) XI. Die dafür notwendigen Pflegebe­gutachtungen werden durch Gutachter der Medizinischen Dienste der Kranken­versicherung (MDK) durchgeführt. Reiner Kasperbauer erläutert die dazu von den MDK getroffenen Vorbereitungen. Ausgehend von den Unterschieden zwischen den bisherigen und zukünftigen Begriffen der Pflegebe­dürftigkeit beschreibt Dr. Barbara Gansweid im Detail die einzelnen Module des Neuen Begutachtungs­assessments. Die modulbezogenen Feststellungen gehen, vom Gesetzgeber festgelegt, nach bestimmten Regeln mit unterschiedlicher Gewichtung in die Berechnung des Pflegegrades ein. Der Empfehlungsteil des Gutachtens wird mit der Umsetzung des neuen Pflege­bedürftig­keitsbegriffs weiter an Bedeutung gewinnen.

Matthias Ernst unterstreicht in seinem Interview die Bedeutung der gutachtlichen Feststellungen zur Präventions- und Rehabilitations­bedürftigkeit Pflegebedürftiger. Das Ziel der Begutachtung besteht darin, zielgerechte, alltagsrelevante, realistische und ggf. auch kleinschrittigere Rehabilitationsziele und Empfehlungen abzuleiten. Ein für diese Zwecke entwickelter „optimierter Begutachtungs­standard“ hat sich als erfolgreiches und praktikables Instrument erwiesen und wird bundesweit als strukturiertes Verfahren zur Erkennung rehabilitativer Bedarfe in der Pflegebe­gutachtung eingesetzt.

In einem weiteren Interview weist Stephan von Kroge darauf hin, dass die sogenannte „Minutenpflege“ sich bisher auf rechnerische, statistische Zeitwerte bezogen hat, um den Hilfebedarf für die Pflegestufe zu ermitteln. Diese hätten aber in den Pflege­einrichtungen keinerlei Relevanz im Sinne von tatsächlichen Leistungszeiten oder Personal­anhalts­zahlen gehabt. Dem mit der Einführung des Neuen Begut­achtungs­assessments oft gebrauchten Begriff „Paradig­men­wechsel“ steht er skeptisch gegenüber. Eine qualitativ hochwertige Betreuung in Pflegeeinrichtungen ist zentrales Anliegen der Pflege­versicherung. Mit den Pflege­stärkungs­gesetzen wurde auch ein Impuls gegeben, die bisherigen Prüfinstrumente wissenschaftlich weiterzu­entwickeln. Dr. Barbara Mittnacht erläutert den Weiter­entwicklungs­prozess für das theoretisch-konzeptionelle Qualitäts­verständnis als Ausgangspunkt für eine Neukonzeption von Qualitäts­prüfung und -darstellung in der ambulanten und stationären Pflege.

Prof. Gabriele Kuhn-Zuber untersucht aus juristischer Sicht mit ihrem Beitrag die mit den Pflege­stärkungs­gesetzen einhergehende Anpassung des Leistungsrechts. Die Leistungen sind zunehmend durch vielfältige Kombinations­möglich­keiten flexibilisiert. Pflegebe­dürftige Menschen können individuell und bedarfsgerecht den für sie passenden „Pflege-Mix“ zusammenstellen. Wegen der hierdurch verstärkten Unübersicht­lichkeit für den Pflegebe­dürftigen wie auch für die betreuenden Pflegepersonen wird eine umfassende Beratung, Begleitung und Unterstützung durch Leistungsträger und Leistungs­erbringer erforderlich.

Mit drei aktuellen Entscheidungen des Bundes­sozialgerichts zu Schieds­stellen­verfahren setzt sich Dr. Christian Grube auseinander. Das Gericht verdeutlichte im Rahmen der Entschei­dungen Umfang und Grenzen der Rechte von Schiedsstellen. So stehen diesen die von den Vertrags­parteien abgeleiteten Rechte zu, was wiederum auch den Prüfumfang der Gerichte begrenze.

In einem weiteren, über den Schwerpunkt des Hefts hinausge­henden Beitrag, stellen Juliane Briest und Christoph Egen die Ergebnisse des umfassenden Gesundheits­programm „Fit for Work and Life“ vor, das an der Medizinischen Hochschule Hannover angeboten wird. Die vorgestellten Ergebnisse deuten auf eine gute Wirksamkeit des Programms, zu dessen Zielen die Erhaltung, Verbesserung oder Wieder­herstellung der Arbeits­fähigkeit der Mitarbeitenden zählen.

Wolfgang Seger
Katja Nebe

 

I N H A L T

Sozialpolitik und Rehabilitation

Gabriele Kuhn-Zuber
DAS PFLEGESTÄRKUNGSGESETZ II – VERÄNDERUNGEN IM LEISTUNGRECHT

Karl-Josef Laumann
DER NEUE PFLEGEBEDÜRFTIGKEITSBEGRIFF: EIN QUANTENSPRUNG FÜR DIE PFLEGE IN DEUTSCHLAND


Rechtsprechung

Christian Grube
VERGÜTUNGSVEREINBARUNG – SCHIEDSSTELLENVERFAHREN – ANFECHTUNG DES SCHIEDSSPRUCHS
Anmerkung zu drei Urteilen des Bundessozialgerichts vom 7. Oktober 2015: b 8 so 1/14 r; b 8 so 19/14 r; b 8 so 21/14 r

RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT


Praxis der Rehabilitation

Barbara Gansweid
BEURTEILUNG VON PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT
Was ändert sich mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zum 1.1.2017?

Wolfgang Seger
REHABILITATIONSBEDÜRFTIGKEIT IM NEUEN PFLEGEBEDÜRFTIGKEITSBEGRIFF
Matthias Ernst vom MDK Niedersachsen über Standards der Pflegebegutachtung (Interview)

Reiner Kasperbauer
DAS NEUE BEGUTACHTUNGSASSESSMENT: VORBEREITUNGEN DER MDK-GEMEINSCHAFT
Weitere Erklärung

Cindy Schimank
KOMMEN WIR JETZT WEG VON DER MINUTENPFLEGE?
Stephan von Kroge über das PSG II, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsassessment (Interview)


Forschung und Praxis

Barbara Mittnacht
QUALITÄTSVERSTÄNDNIS 2.0
Die Weiterentwicklung der Qualitätssicherungsinstrumente in der Pflege

Juliane Briest/Christoph Egen
FIT FOR WORK AND LIFE
Evaluationsergebnisse eines umfassenden Gesundheitskonzeptes für Mitarbeiterinnen eines Universitätsklinikums


Internationales

INTERNATIONALE NEWS UND VERANSTALTUNGEN


Infothek

AKTUELLES AUS DER PRAXIS DER REHABILITATION

AUS DEM DISKUSSIONSFORUM „REHABILITATIONS- UND TEILHABERECHT“

VERANSTALTUNGEN

NEUERSCHEINUNGEN UND LITERATUREMPFEHLUNGEN


 

RP Reha | Ausgabe 3/2016
64 Seiten
ISSN 2366-7877
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