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RP Reha 2/2021
Schwerpunkt
Reform des Betreuungsrechts
E D I T O R I A L
Liebe Leserinnen und Leser,
die Hilfe und Unterstützung durch Betreuer: innen kann im Leben vieler Menschen mit Behinderungen eine große Bedeutung haben. In den letzten Jahren hat sich bei der Anwendung der Vorschriften des Betreuungsrechts ein deutlicher Leitbildwechsel von der fürsorglichen, die Entscheidung der betroffenen Personen ersetzenden Entscheidungsfindung zu einer unterstützenden Betreuung vollzogen. Dies ist auf die Anwendung der UN-BRK bei der Auslegung der Rechtsvorschriften zurückzuführen. Trotzdem stand das Betreuungsrecht immer wieder in der Kritik, denn es machte es weiterhin einfach möglich, dass eine Person für eine andere Person rechtswirksame Erklärungen abgibt. Dies hat auch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz aufgegriffen und zunächst zwei Forschungsvorhaben initiiert, die sich mit der Qualität in der rechtlichen Betreuung sowie der Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes beschäftigten. Auf deren Ergebnissen baut die in diesem Heft als Titelthema vorgestellte Reform des Betreuungsrechts auf. Ziel der Reform ist vor allem, das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Menschen sowohl bei der Einrichtung einer Betreuung als auch bei der Ausübung der Betreuung zu stärken und damit den Anforderungen aus Art. 12 UN-BRK gerecht zu werden. Das Reformgesetz wurde am 05.03.2021 im Bundestag und am 26.03.2021 im Bundesrat beschlossen und ist just am heutigen Tag der Verfassung dieses Editorials, am 12.05.2021, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Es soll zum 01.01.2023 in Kraft treten.
Das Gesetzgebungsverfahren und wesentliche Änderungen durch das Reformgesetz im Lichte von Art. 12 UNBRK stellt Claudia Beetz in ihrem grundlegenden Einführungsbeitrag vor. Sie geht hierbei auch auf das ebenfalls eingeführte Vertretungsrecht für Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten und Änderungen bei Einwilligung zu Sterilisationen sowie auf die im Rechtsausschuss noch eingefügte Neufassung von § 53 ZPO ein. Nach der bisherigen Fassung von § 53 ZPO wurden betreute Personen ohne Weiteres als verfahrens- bzw. prozessunfähig angesehen, wenn ihre Betreuer:innen in den Verfahren aufgetreten sind.
Ein weiterer Befund der rechtstatsächlichen Forschungen ist, dass viele nicht erforderliche rechtliche Betreuungen eingerichtet werden. Insbesondere durch Unterstützungen im Rahmen einer sozialen Betreuung könnten Betreuungen vermieden werden. Diesem Thema widmet sich Roland Rosenow in seinem Beitrag, in dem er das Verhältnis von rechtlicher Betreuung und Eingliederungshilfe nachzeichnet. Weitere Rechtsänderungen erfolgen zur Sicherung der Qualität der rechtlichen Betreuung. Hiermit beschäftigt sich der Beitrag von Reiner Adler. Er setzt sich zudem mit der Finanzierungssicherheit für Betreuungsvereine sowie deren Rolle als wichtige Akteure im Betreuungsrecht auseinander. Einen Blick in unser Nachbarland ermöglicht der Beitrag von Michael Ganner, der über Erfahrungen aus dem Österreichischen Erwachsenenschutzrecht berichtet und dabei ebenfalls auf den starken Reformanstoß durch die UN-BRK eingeht. Der Beitrag liefert erste Impulse für eine rechtsvergleichende Einschätzung, in dem er sich kritisch mit der österreichischen Rechtslage auseinandersetzt. Patricia Platt greift einen Teilbereich der rechtlichen Betreuung, die Einwilligung zu einer Lebendnierenspende auf und setzt sich mit deren rechtlichen Erfordernissen und Rahmenbedingungen zwischen Betreuer:in und betreuter Person auseinander.
Das Themenspektrum reicht wieder über den Schwerpunkt hinaus. Cathleen Rabe-Rosendahl stellt eine Entscheidung des LSG Saarlandes zur Anerkennung des Merkzeichen G vor, wenn die Gehstörung überwiegend durch eine psychische Erkrankung bedingt ist. Und Bianca Lange und Astrid Seltrecht berichten über das Erprobungsprojekt „NachLeben“, eine qualitative Studie zu Unternehmenskultur. Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen betrieblichen Nachhaltigkeits- und betrieblichen Gesundheitskonzepten anhand von Unternehmen in der Lebensmittelbranche.
Einen kurzen Überblick über die Ergebnisse des 3. Teilhabeberichts der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen finden Sie in der Infothek, wie auch weitere Informationen und eine Rechtsprechungsübersicht. Wir wollen Sie wie immer gut auf dem Laufenden halten.
Claudia Beetz und Katja Nebe
I N H A L T
Sozialpolitik und Rehabilitation
Reform des Betreuungsrechts – die Änderungen im Lichte von Art. 12 UN-BRK
Eingliederungshilfe und rechtliche Betreuung
Rechtsprechung
Anerkennung des Merkzeichen G auch bei überwiegend durch psychische Erkrankung bedingte Gehstörung möglich
Anmerkung zu LSG Saarland, Urteil v. 05.06.2019 – L 5 SB 30/16
Rechtsprechungsübersicht
Praxis der Rehabilitation
Nierentransplantation – Lebendspende innnerhalb eines bestehenden gesetzlichen Betreuungsverhältnisses
Unternehmenskultur – Zum Zusammenhang von betrieblichen Nachhaltigkeits- und Gesundheitskonzepten
Aus Forschung und Praxis
Qualitätssicherung und Zivilgesellschaft: Die Betreuungsrechtsreform auf dem Prüfstand
Internationales
Erfahrungen zum österreichischen Erwachsenenschutzrecht 2018
Infothek
Aktuelles aus der Praxis der Rehabilitation / aus dem Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht
Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen 2021 – Ein Überblick
Veranstaltungen/Webinare
Neuerscheinungen und Literaturempfehlungen
RP Reha | Ausgabe 2/2021
72 Seiten
ISSN 2366-7877
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