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RP Reha 3/2021
Schwerpunkt
Stolpersteine und Meilensteine –
der lange Weg der Behindertenpolitik
E D I T O R I A L
Liebe Leserinnen und Leser,
gleiches Recht muss gewährleistet werden, nach Verfassungen, Menschenrechtskonventionen und Gesetzen. Recht muss und musste fortwährend erstritten und erkämpft werden. An schwerstes Unrecht muss erinnert werden. Und zugleich sollten auch Fortschritte gewürdigt werden. In diesem ambivalenten Rahmen bewegt sich dieses Themenheft aus Anlass mehrerer Jubiläen. Im Jahr 2021 jährt sich zum 20. Mal die Verabschiedung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch, kurz SGB IX. Mit ihm war die Erwartung weitreichender Fortschritte in der Behindertenpolitik verbunden. Die Akteur:innen der Behindertenpolitik erinnern 2021 zudem an den 40. Jahrestag des Internationalen UNO-Jahres der Behinderten 1981 als einer Zäsur in der Selbstwahrnehmung der Menschen mit Behinderungen im politischen Kampf um die eigenen Rechte, 25 Jahre bevor die UN-Generalversammlung 2006 die UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen hat.
Über Anlass und Reichweite der kreativen autonomen Proteste berichtet Martin Theben in seinem Beitrag Das Internationale UNO-Jahr der Behinderten 1981 – Die Geburtsstunde der Krüppelbewegung. Er beschreibt, wie Antriebskräfte für die emanzipatorische Behindertenbewegung freigesetzt wurden. Die Geschichte der deutschen Behindertenbewegung ließe sich ohne die internationalen Proteste nicht verstehen. Marc von Miquel zeichnet die dynamische Entwicklung der Behindertenbewegung in den USA in seinem Beitrag Selbstbestimmung und Selbstorganisation – Die Anfänge des Independent Living Movement nach und schlägt den Bogen von den Konzepten von Selbstbestimmung und Antidiskriminierung bis zum heute in Art. 19 UN-BRK verankerten Recht auf selbstbestimmtes Wohnen als einem Kernanliegen der Independent Living- Bewegung. Er spricht zugleich kritisch die beharrlichen Wirkmächte etablierter institutionszentrierter Versorgungsstrukturen an.
Diana Ramm, Felix Welti und Martin Kilimann beschreiben die lange Linie der Entwicklung des Rehabilitationsrechts, insbesondere vom Reha-Angleichungsgesetz 1974 zum SGB IX 2001 und weiter zum Bundesteilhabegesetz 2016, als ein langes Ringen um Fortschritte bei einer an den gesellschaftlichen Bedürfnissen orientierten Verwaltungsstruktur gegen die Beharrungskraft von Organisationen. Besondere Aufmerksamkeit finden dabei die ambivalente Rolle der sozialen Selbstverwaltung, die Verbände von Menschen mit Behinderungen und die deutsche Einheit.
Die Verwundbarkeit des Menschen durch von Menschen gemachten Terror zeigt sich an den unter dem Naziregime zwischen 1933 und 1945 verübten Verbrechen im Rahmen der sogenannten „Euthanasieprogramme“. Anika Wendelstein berichtet über Die Frankfurter NS-„Euthanasie“-Prozesse im Kontext der gesamtdeutschen „Euthanasie“- Rechtsprechung und trägt dazu bei, die Erinnerung an diese Prozesse wachzuhalten und die Schlüsse fassbar zu machen.
Unsere NS-Vergangenheit muss mahnend und vor allem lernend im Bewusstsein der Entstehungshintergründe wachgehalten werden. Und insoweit schließt sich, nicht bruchlos, aber passend, der Beitrag von Christoph Egen und Christoph Gutenbrunner an. Sie veranlassen zu Reflexionen über den Begriff der Behinderung und spannen dazu einen weitreichenden historischen Bogen bis zum heutigen dynamischen Verständnis der UN-BRK. Ganz in der Gegenwart angekommen ist die Leserschaft dann auch beim Interview mit Kerstin Kölzner vom Berufsförderungswerk Halle. Im vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekt KI.ASSIST (2019 bis 2022) werden Assistenztechnologien, basierend auf sogenannter Künstlicher Intelligenz, hinsichtlich ihrer Unterstützungspotentiale für Menschen mit Schwerbehinderungen getestet.
In einem eigenen Beitrag geben wir Anstöße für rechtssoziologische Forschungen, damit das reformierte Teilhaberecht noch mehr als bisher zu lebendigem Recht wird. Insofern sind wir alle bei Gestaltung, Schreiben und kritischem Lesen dieser Zeitschrift in teilnehmender Beobachtung der Geschichte des Rehabilitationsrechts.
Felix Welti und Katja Nebe
I N H A L T
Das Internationale UNO-Jahr der Behinderten 1981 – Die Geburtsstunde der Krüppelbewegung
Selbstbestimmung und Selbst-Organisation – Die Anfänge Independent Living Movement
Das SGB IX: Wege zu seiner Entstehung und zu seinem Verständnis
Die Frankfurter NS-„Euthanasie“-Prozesse im Kontext der gesamtdeutschen „Euthanasie“-Rechtsprechung
Reflektionen über den Begriff der Behinderung
Reformiertes Teilhaberecht – Barriere oder Motor für ein lebendiges Recht?
Plädoyer für ein rechtssoziologisches Forschungsprogramm
Digitale Assistenzsysteme für Blinde und Sehbehinderte Menschen
YKerstin Kölzner, Geschäftsführerin des Berufsförderungswerks Halle,
im Interview
Infothek
Rechtsprechungsübersicht
Aktuelles aus der Praxis der Rehabilitation
Aus dem Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht
Veranstaltungen
Neuerscheinungen und Literaturempfehlungen
RP Reha | Ausgabe 3/2021
60 Seiten
ISSN 2366-7877
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