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RP Reha 2/2024
Schwerpunkt
Soziales Entschädigungsrecht und Inkrafttreten des SGB XIV
E D I T O R I A L
Liebe Leserinnen und Leser,
das Soziale Entschädigungsrecht (SER) hat seit 1.1.2024 ein eigenes Buch im Sozialgesetzbuch[-nbsp]– das SGB XIV. Transparenter als bisher in verschiedenen Einzelgesetzen werden die Leistungen für die Opfer bestimmter schädigender Ereignisse zusammengefasst. Damit tritt das SGB XIV für die Opfer beider Weltkriege anstelle des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), für Gewaltopfer anstelle des Opferentschädigungsgesetzes (OEG), für Impfgeschädigte anstelle der §§ 60 bis 64 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und für im Zivildienst Geschädigte anstelle von §§ 47 bis 51 Zivildienstgesetz (ZDG). Die Gesamtreform zielt zugleich auf eine inhaltliche Modernisierung. Zu Kernpunkten zählen (1) die Ergänzung des Gewaltbegriffs im Bereich der Gewaltopferentschädigung um Formen psychischer Gewalt, (2) die Mehrleistungen im Bereich psychotherapeutischer Maßnahmen, um die seelische Verfassung der Betroffenen zu verbessern, (3) die Stärkung der Teilhabe durch die Verankerung von Teilhabeleistungen grundsätzlich ohne Einsatz von Einkommen und Vermögen und (4) die Einführung von Schnellen Hilfen (Traumaambulanzen und Fallmanagement), niedrigschwellig zugänglich in einem neuen Erleichterten Verfahren, vgl. § 115 SGB XIV. Die Reform wurde Ende 2019 verabschiedet und das SGB XIV am 19.12.2019 im Bundesgesetzblatt verkündet. Mit der Ausgabe 3/2019 der RP Reha haben wir den Diskussionsstand seinerzeit kritisch reflektiert.
Jetzt ist erneut ein guter Zeitpunkt für ein Schwerpunktheft. Das SGB XIV soll, so auf S. 2 der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/13824), „einen bürgernahen Zugang zu den Leistungen der Sozialen Entschädigung eröffnen […]. Die anwenderfreundliche Ausrichtung des SGB XIV soll […] eine hohe Qualität bei der Durchführung des SER sichern.“ Solche Verlautbarungen haben starke Hoffnungen geweckt. Um sie zu erfüllen, muss das geschriebene Recht auch gelebt werden. Das setzt vor allem Reformwillen bei allen vollziehenden Akteuren voraus, begonnen mit einer SGB XIV-freundlichen Haltung, einem gemeinsamen interdisziplinären Verständnis in der Umsetzungs- und Verwaltungspraxis sowie der Bereitschaft zur gesetzlichen Nachbesserung, wenn sich fundierte Hinweise auf Lücken ergeben. Mit diesem Heft wollen wir Anstöße für den Umsetzungsbedarf geben.
Die Leistungsbewilligung hängt häufig von der gutachterlichen Feststellung eines anerkannten schädigenden Ereignisses und der hierauf zurückgehenden Gesundheitsschädigung ab. Betroffene mit psychischen Schädigungsfolgen erfahren bei Anwendung der aus dem Strafprozess stammenden Glaubhaftigkeitsbegutachtung epistemische Ungerechtigkeit, die dem Reformanliegen zuwiderläuft. Jörg M. Fegert erläutert, wie eine durch klinisches Wissen fundierte Begutachtung die Referenzmaßstäbe des SER tatsächlich berücksichtigen kann und wo an verschiedenen Stellen der Versorgungsmedizinverordnung konkreter Änderungsbedarf besteht. Die seit 1.1.2021 geltenden psychotherapeutischen Interventionen in Traumaambulanzen, §§ 31 ff. SGB XIV, spielen eine besondere Rolle im modernen SER. In drei Artikeln berichten Autor*innenteams (Isabella Flatten-Whitehead, Cedric Sachser, Stefanie Franke, Miriam Rassenhofer, Jelena Gerke, Marc Giesmann, Lina Specht, Julia Schellong, Ingo Schäfer, Jörg M. Fegert) der Ulmer Uni-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie über aktuelle Projektergebnisse. Sie stellen ein Curriculum für Therapeut*innen in Traumaambulanzen und versorgungsmedizinische Gutachter*innen zur Fortbildung und Qualifizierung vor, berichten über hinderliche Faktoren bei der Antragstellung aus Sicht von Gewaltopfern und identifizieren Gelingensbedingungen zur Einführungen von Traumaambulanzen.
Dass sich in der vierjährigen Zwischenphase zwischen der Verabschiedung und dem Inkrafttreten des SGB XIV noch Änderungen ergeben, ist naheliegend. Annette Tabbara gibt einen Überblick über die gesetzlichen Änderungen. Kerstin Feldhoff befasst sich mit der Erweiterung des Gewaltbegriffs aus Genderperspektive und diskutiert, inwieweit der erweiterte Gewaltbegriff v.a. weiblichen Opfern von Partnerschaftsgewalt die Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs erleichtert. Mit Rechtsprechungsübersicht und Infothek wird das Heft abgerundet.
Katja Nebe und Jörg M. Fegert
I N H A L T
Sozialpolitik und Rehabilitation
Änderungen im sozialen Entschädigungsrecht und im Recht der Sozialhilfe –
das SGB XII/SGB XIV Anpassungsgesetz
Rechtsprechung
Rechtsprechungsübersicht
Aus Forschung und Praxis
Heilberufliche Begutachtung von Betroffenen im Verfahren nach dem SGB XIV
Curriculum für therapeutische Traumaambulanztätigkeiten und versorgungsmedizinische Begutachtung nach dem sozialen Entschädigungsrecht (SER)
Hinderliche Faktoren bei der OEG-Antragsstellung aus Sicht von Betroffenen
„Dein Weg durchs OEG“ – eine partizipative Online-Umfrage
Projekt hilft: Gelingensbedingungen der Einführung von Traumaambulanzen
Entschädigung für Opfer von Partnerschaftsgewalt:
Ausgewählte Aspekte des „neuen“ SGB XIV
Infothek
Aktuelles aus der Praxis der Rehabilitation
Aus dem Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht
Veranstaltungen
Neuerscheinungen und Literaturempfehlungen
RP Reha | Ausgabe 2/2024
64 Seiten
ISSN 2366-7877
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