RP Reha 4/2024

Schwerpunkt

Hilfsmittelversorgung

E D I T O R I A L

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Heft der RP-Reha schließt ein politisch turbulentes Jahr ab. Das vorzeitige Ende der 20. Wahl­periode des Deutschen Bundes­tages führt dazu, dass einige Gesetz­gebungs­vor­haben nicht mehr in ihr zum Abschluss kommen, an deren Diskus­sion auch diese Zeit­schrift beteiligt war. Dies betrifft insbe­son­dere die Reform des Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­gesetzes (BGG) im Bund und ein zweites Gesetz zur Förde­rung eines inklu­siven Arbeits­marktes, in dem mit der Reform der Werk­stätten für behin­derte Menschen begonnen werden sollte. Auch das „Gesetz zur Aus­gestal­tung der inklu­siven Jugend­hilfe“ wird in dieser Wahl­periode nicht mehr kommen. Gerade bei letz­terem dürfte es Stimmen geben, die eine Gelegen­heit zur Neu­besin­nung auch für eine Chance halten. Nicht alles, was als inklusiv etikettiert wird, hat auch die verspro­chene Wirkung.

Insgesamt ist die Bilanz der 20. Wahl­periode auch in der Teil­habe­politik gemischt: Noch nie war ein Koalitions­vertrag im Bund so ambiti­oniert wie der von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und versprach insbe­sondere Inklu­sivität und Barriere­freiheit in vielen Bereichen zu stärken, später noch einmal durch Regie­rungs­beschluss bekräftigt. Vieles davon ist aber nur den halben Weg gegangen. So hat es im Bundes­minis­terium für Gesund­heit Arbeiten an einem Aktions­plan für ein inklu­sives Gesund­heits­wesen gegeben, die jedoch noch nicht in Gesetz­gebung oder einem Plan für die bessere Umset­zung bestehender Gesetze gemündet sind. Das Gesetz zur Förde­rung eines inklu­siven Arbeits­marktes im Geschäfts­bereich des Bundes­minis­teriums für Arbeit und Soziales mit der vierten Staffel der Aus­gleichs­abgabe, der Ent-Decke­lung des Budgets für Arbeit und dem neuen Sach­ver­stän­digen­beirat Versor­gungs­medi­zinische Begut­achtung ist somit wohl das wichtigste behin­derten­politische Gesetz der 20. Wahl­periode geblieben. Auch die vom BMAS schon weit entwickelte und durch Aus­greifen in das Zivil­recht poten­ziell innovative BGG-Reform wurde, wie auch die im Koalitions­vertrag vorge­sehene AGGReform, vom FDP-geführten Bundes­minis­terium der Justiz ausge­bremst.

Die Abschließenden Bemerkungen zum 2./3. Staaten­bericht Deutsch­lands zur UN-BRK und die langsame Umset­zung des Bundes­teilhabe­gesetzes auf der Ebene der Sozial­leistungs­träger und der Länder haben gezeigt, dass für die nächsten Jahre noch viel zu tun bleibt. Die Rahmen­bedin­gungen in politischer und finan­zieller Hinsicht sind aller­dings schwierig. Zu den hemmenden Faktoren gehört auch, dass es in den Ländern immer schwerer wird, handlungs­fähige und an Sozial- und Gesund­heits­politik substan­ziell interes­sierte Mehr­heiten zu formen und Regie­rungen zu bilden.

Dieses Heft befasst sich im Schwerpunkt mit dem Recht der Hilfs­mittel als Teil der Rehabili­tation. Das scheint allenfalls auf den ersten Blick ein spezia­listisches Thema. Ein guter, verläs­slicher und bedarfs­gerechter Zugang zu Hilfs­mitteln und assistiven Techno­logien ist für viele Menschen mit Behinde­rungen in vielen Situati­onen ein Schlüssel zur Teil­habe an Arbeit, Bildung, Kultur und sozialem Alltags­leben. Es zeigt sich, wie lang­sam hier Verwal­tungs­praxis – vor allem der Kranken­kassen – und Recht­sprechung auf die Optionen reagieren, die vom tech­nischen Fort­schritt für die Versor­gung und vom SGB IX und der UN-BRK für die Rechts­aus­legung geschaffen worden sind. Unter­schied­liche HILFS­MITTEL­VER­SOR­GUNG Facetten der damit verbun­denen Diskus­sionen werden direkt zur Recht­sprechung von Katja Nebe, Gabriele Nellissen und Jörg Kondel und konzeptionell von René Dittmann und Harry Fuchs, von Wolfhard Kohte und, speziell für den Sport, von Kerstin Aschenbroich und Benedikt Ewald erörtert.

Die Herausgeberinnen und Herausgeber der RP-Reha wünschen Ihnen zu den Feier­tagen und zum Jahres­wechsel eine schöne Zeit und für das neue Jahr Frieden, Freiheit und Teilhabe. Im Jahr 2025 sind wir alle, an unserem Platz und auf unsere jeweilige Weise, gefordert, Demo­kratie und sozialen Rechts­staat zu verbessern und zu verteidigen.

Felix Welti

 

I N H A L T

Sozialpolitik und Rehabilitation

Hilfsmittelversorgung für den Sport aus Sicht des Deutschen Behin­derten­sport­verbands

Rechtsprechung

Versorgung mit tierischen Hilfsmitteln unter Berück­sich­tigung der beson­deren Bedürf­nisse von Menschen mit psychischen Beein­träch­tigungen – aktuelle Recht­sprechung

Anmerkung zu den Entscheidungen

Rechtsprechungsübersicht

Praxis der Rehabilitation

Motorunterstütztes Handkurbel- rollstuhlzuggerät zur Erschlies­sung des Nah­bereichs Anmerkung zu BSG v. 18.04.2024 – B 3 KR 13/22 R

Die Hörgeräteversorgung im teilhaberechtlichen Wandel
Besprechung des Urteils des LSG Niedersachsen-Bremen vom 05.06.2024 – L 2/1 R 204/23

Aus Forschung und Praxis

Die Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behin­derungs­ausgleich durch die Kranken­kassen – Bedarfs­fest­stellung und Begut­achtung im Lichte des SGB IX

Hilfsmittel im Prozess der Digitalisierung – Chancen und Risiken


Infothek

Aktuelles aus der Praxis der Rehabilitation

Aus dem Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht

Veranstaltungen

Neuerscheinungen und Literaturempfehlungen


V O R S C H A U

RP Reha 1/2025
Schwerpunkt: Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt

Die RP Reha 1/2025 erscheint im Februar 2025


 

RP Reha | Ausgabe X/20
68 Seiten
ISSN 2366-7877
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