Kay Wissenbach

Von der behördlichen Kartellrechts­durch­setzung zum privaten Schaden­ersatzprozess

Durch den Systemwechsel mittels der VO 1/2003 wurde die behördliche Amtsermittlung im Kartellrecht signifikant zurückgedrängt. Angestoßen durch die „Jedermann“ – Rechtsprechung des EuGH sollten private kartellbedingte Schaden­ersatz­klagen als effektive zweite Säule neben der behördlichen Durchsetzung etabliert werden, um die durch den Rückzug der Wettbewerbs­behörden entstandene Lücke zu schließen.

Die Studie untersucht anhand der europäischen Reform­bemühungen bis zum Richtlinien­entwurf 2009 sowie sämtlicher Kartell­schadener­satzklagen in Deutschland den Erfolg des durch die 7. GWB-Novelle auch im deutschen Kartellrecht übernommenen Systemwechsels. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass dieser unvollkommen war und das Kartell­deliktsrecht die entstandene Lücke insbesondere bei Streuschäden nicht ausfüllen kann, denn die Beweislage ist schwierig und es fehlt an Instrumenten kollektiven Rechtsschutzes. Insbesondere stand-alone Klagen werden aufgrund der fehlenden Nachweis­barkeit von Kartell­verstößen auch künftig keine Bedeutung haben. Der Schwerpunkt des Kartelldeliktsrechts wird daher bei follow-on Klagen liegen, die sich gemäß § 33 Abs. 4 GWB auf den durch eine Wettbewerbs­behörde bestandskräftig festgestellten Kartellverstoß stützen können.

Da diese „Trittbrettfahrerklagen“ aber nicht das Institut Wettbewerb schützen, sondern der Kompensation geschädigter Abnehmer dienen, spricht sich der Verfasser für eine Anspruchs­berech­tigung mittelbar Betroffener sowie der Zulassung des passing-on Einwandes aus. Um der im Wege stehenden rationalen (Klage)Apathie der Geschädigten zu begegnen, untersucht er ferner denkbare prozessuale Erleich­terungen, die Notwendigkeit weiterer Klageanreize sowie die Möglichkeiten kollektiven Rechtsschutzes. Dabei lehnt er die Übernahme von Instrumenten der US-amerikanischen Klageindustrie ab. Im Ergebnis schlägt er eine Übertragung der Grundsätze des KapMuG auf das Kartellrecht vor, um privaten Klägern insbesondere die teure Ermittlung des Wettbewerbs­preises zu ermöglichen.


Inhaltsverzeichnis | PDF

Schriften zum Transnationalen Wirtschaftsrecht | Band 15
1. Auflage 2010
broschierte Ausgabe, 519 Seiten
ISBN 978-3-86977-012-3

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