Philipp Kampa | Kunst als Anverwandlung der Wirklichkeit
Philipp Kampa | Kunst als Anverwandlung der Wirklichkeit

Philipp Kampa

Kunst als Anverwandlung der Wirklichkeit

Charles Batteux’ Schrift Les beaux-arts réduits à un-même principe und ihre Rezeption

Den Urgrund der Kunst in Nach­ahmung, in Mimesis zu sehen, hat eine den­kbar lange Tradition. Mit seiner breit rezi­pierten Schrift Les Beaux-Arts réduits à un même principe reiht sich Charles Batteux im 18. Jahr­hun­dert in diese Denk­rich­tung ein – zum den­kbar un­güns­tig­sten Zeit­punkt. Die Zeichen der Zeit stehen, als Batteux mit seinem Traktat auf­wartet, längst auf Aus­druck, auf Genie, auf Gefühl; Nach­ahmung gilt als abgelegt und schal. Der Kunst mit einer Regel zu kommen, und noch dazu mit einer, die es ihr zumutet, der Wirk­lichkeit hinter­herzu­hinken, scheint als Ansatz disquali­fiziert zu sein. Allein, bei Batteux findet sich ein viel­ge­stal­tiger Nach­ahmungs­begriff, ein Nach­ahmungs­begriff, in dem sowohl Verstand als auch Gefühl auf­gehen. Batteux figuriert Nach­ahmung eher als Anver­wand­lung, mithin als schöp­ferische Aus­ein­ander­set­zung mit der Wirk­lichkeit, denn als ein­faches Imitieren. Dieses Flirren, das aus einem pro­duktiv gedachten Nach­ahmungs­begriff erwächst, spiegelt sich nicht zuletzt in der deutsch­sprachigen Rezeption, die Batteux’ Werk im 18. Jahr­hun­dert erfuhr: Bei aller Ableh­nung, die man Les Beaux-Arts réduits à un même principe gegen­über, im Namen des Ausdrucks und des Gefühls, auf­bringt, offen­bart sich doch in der Kritik stets viel an Zustim­mung. Nach­ahmung wird als Prinzip der Kunst keines­wegs leichthin verworfen. Verkennen lässt sich nämlich eben nicht, dass die Kunst auf etwas ange­wiesen ist, das außer­halb ihrer selbst liegt. Ohne Ausdruck des Indi­vi­du­ums wird Kunst aber auch nicht gelingen. Mit dieser Einsicht und Heraus­forde­rung ringt Batteux’ Schrift allent­halben, indem es, was die Prin­zipien und Stell­schrau­ben anbe­langt, immer wieder zwischen Verstand und Gefühl, zwischen Ausdruck und Regel­folgen changiert. Die vorlie­gende Schrift arbeitet dies im Ein­zelnen heraus und rückt damit zugleich eine entschei­dende kunst­theore­tische Frage, eben die Frage nach der Anver­wand­lung von Wirk­lich­keit in und mit der Kunst, in den Blick. Sie sucht so schließ­lich über das hin­aus­zu­gehen, was sie im Kern leisten will, nämlich eine zusam­men­­schauende Beschäf­tigung mit Batteux’ ein­fluss­reichem Werk zu sein.


Leseprobe

Wissensdiskurse im 17. und 18. Jahrhundert | Band 8
1. Auflage 2021
broschiert, 196 Seiten
ISBN 978-3-86977-240-0

35,00 €

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